HERZ & HIRN GEMEINSAM VERSTEHEN
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Allgemein
Was hat das Gehirn mit dem Herzen zu tun?
Erkrankungen des Herzens sowie des Gehirns gehören zu den häufigsten Todesursachen weltweit. Auch wenn diese beiden Organe auf den ersten Blick sehr unterschiedlich erscheinen, weisen Herz- und Nervenzellen doch überraschend viele physiologische Gemeinsamkeiten auf: Beide bestehen aus Zellen, die sich nicht erneuern können und viel Energie brauchen. Sie bestehen aus winzigen Bausteinen, die ähnlich arbeiten und Teil von elektrischen Netzwerken sind. Viele Krankheiten von Herz und Gehirn werden von Störungen in diesen winzigen Bauteilen verursacht.
Das Ziel des Exzellenzclusters “Multiscale Bioimaging” ist es, diese winzigen Bauteile in Herz- und Nervenzellen zu verstehen. Um das zu schaffen, schauen sich die Forschenden das Herz und das Gehirn auf verschiedenen Ebenen an – vom Molekül über einzelne Zellen und Zellnetzwerke hin zum gesamten Organ. Mit Hilfe neuester innovativer Technologien und superauflösender Mikroskope, die zum Teil in Göttingen entwickelt wurden und werden, ist es möglich, besser zu verstehen wie die Netzwerke von Herz und Hirn zusammenarbeiten.
Mit diesen Erkenntnissen können im Exzellenzcluster “Multiscale Bioimaging” neuartige Therapien für Erkrankungen des Herzens, des Gehirns oder beider Organe entwickelt werden.
Herz
Wie ist das Herz entstanden?
Einfache, einzellige Organismen und komplexere Tiere wie Schwämme, Nesseltiere (z.B. Quallen) und bestimmte Würmer und Krebse, haben kein Herz: Bei ihnen geschieht der Transport von Nährstoffen, Botenstoffen und Abfallprodukten durch Diffusion, also Verteilung durch eigenständigen Konzentrationsausgleich oder durch Muskelkontraktionen des Körpers.
Bei vielzelligen Tieren übernimmt i.d.R. ein Blutkreislauf, der eine Konvektion, also eine Strömung, erzeugt, angetrieben von einer Pumpe, dem Herzen, die Versorgung des Organismus: Kreislaufsysteme finden sich in der Evolution erstmals bei den Bilateria, zweiseitig aufgebauten Tieren, womöglich bereits vor 600 Mio. Jahren.
Bei Tieren mit einem offenen Kreislaufsystem, Gliederfüßlern und Weichtieren (Schnecken und Muscheln), fließt die Hämolymphe (entspricht dem Blut), durch ein Herz angetrieben, durch die Körperhöhle. Bei Tieren mit geschlossenen Kreislaufsystemen pumpt das Herz Blut durch Gefäße: Venen, die Blut zum Herzen bringen und Arterien, die es wegführen.
Die aquatischen Vorfahren der Landwirbeltiere besaßen nur einen einfachen geschlossenen Blutkreislauf.
Von diesen unterscheidet sich das Säugetierherz darin, dass es aus zwei komplett voneinander getrennten geschlossenen Kreisläufen besteht: dem Körper- und dem Lungenkreislauf. Der Körperkreislauf (die linke Herzhälfte) versorgt den Körper mit Blut, während der Lungenkreislauf (die rechte Herzhälfte) verbrauchtes Blut zur Anreicherung mit Sauerstoff in die Lunge pumpt.
Auch in der Embryonalentwicklung, die ähnliche Stadien durchläuft, wie die Evolution, entsteht das Herz sehr früh: Solange der Embryo aus nur wenigen Zellen besteht, kann jede Zelle die benötigten Nährstoffe direkt aus ihrer Umgebung entnehmen. Sobald sich die Zellen jedoch teilen und der Embryo zu einem größeren Zellklumpen heranwächst, können die Nährstoffe nicht mehr ohne Hilfe alle Zellen erreichen. Zusätzlich produzieren die Zellen Abfallstoffe die entsorgt werden müssen. Um die Zellen am Leben zu erhalten, müssen die Nährstoffe und Abfallprodukte transportiert werden. Diesen Transport erledigt das vom Herzen angetriebene Herzkreislaufsystem.
Wie sieht ein Schweineherz aus?
Das Herz ist ein Muskel. Er pumpt Blut durch den Körper. In dem Blut sind Sauerstoff und Nährstoffe enthalten, die im Körper verteilt werden:
Jede Herzhälfte besteht aus zwei Hohlräumen, dem Vorhof (Atrium) und der Herzkammer (Ventrikel). Obwohl die Herzhälften ähnlich aufgebaut sind, erfüllen sie verschiedene Aufgaben: Der linke Teil versorgt die Organe mit sauerstoffreichem Blut und pumpt es in den Körper. Der rechte Teil empfängt sauerstoffarmes Blut aus dem Körper und leitet es weiter in die Lunge. In der Lunge wird das Blut wieder mit Sauerstoff angereichert. Von dort fließt es zurück in den Vorhof der linken Herzhälfte – und der Herzkreislauf ist geschlossen. Herzklappen sorgen dafür, dass das Blut nicht in die falsche Richtung zurückfließt. Die Erregung des Herzens erfolgt durch den Sinusknoten: Er ist der physiologische Schrittmacher des Herzens.
Ein Schweineherz weist im Vergleich zu anderen Säugern eine große Ähnlichkeit zu dem Herzen des Menschen auf: Es ist ungefähr so groß wie ein menschliches Herz, also ca. so groß bis anderthalb mal so groß wie eine geballte Faust. Das Herz passt sich in seiner Stellung dem Brustkorb an. Dadurch erscheint das Schweineherz, gegenüber dem menschlichen Herz, nach links gedreht. Das Schweineherz verfügt über die als Stützelemente dienenden Herzknorpel, welche im höheren Alter auch verknöchern können.
Gibt es eine Möglichkeit, zukünftig Organe per 3D-Druck herzustellen, um Patienten, die auf Spenderorgane warten, die Wartezeit zu verkürzen?
Im sogenannten „Bioprinting“ werden in 3-D-Druckern, meist auf Basis von Stammzellen, Zellkonglomerate bis hin zu Organimitationen, gedruckt. Forschende arbeiten daran, aus diesen Geweben funktionsfähige Organe zu erzeugen. So soll zukünftig etwa ein 3D-erzeugtes Herz geschaffen werden, das ein funktionsunfähiges Herz eines Tages vielleicht ersetzen könnte. Ein konkretes Projekt dazu gibt es etwa in Stanford, USA. Ein Problem dabei ist, dass komplexe natürliche Organe in ihrer Gesamtheit künstlich nachgemacht werden müssen, die aus verschiedenen Bestandteilen bestehen: Strukturen und Prozessen, die, sofern sie überhaupt bekannt sind, nur schwer gänzlich und gleichwertig nachzubilden sind. Auch muss sichergestellt sein, dass die Materialien weder abgestoßen werden noch gesundheitliche Risiken mit sich bringen.
Warum schlägt ein Herz?
Das Herz schlägt rhythmisch, um den Blutfluss im Körper aufrechtzuerhalten. Es hat ein komplexes Reizbildungs- und Reizleitungssystem, das die Muskulatur des Herzens anregt. Hier sind einige wichtige Punkte zur Funktion des Herzens:
1. Sinusknoten: Der Sinusknoten im rechten Vorhof übernimmt die Schrittmacherfunktion. Er baut am schnellsten die Spannung auf und gibt als Erster den Befehl zum Herzschlag. Wenn der Sinusknoten ausfällt, übernimmt der AV-Knoten diese Funktion.
2. Reizleitung: Die Erregung wird über die Muskulatur der Vorhöfe zum AV-Knoten weitergeleitet. Der AV-Knoten verzögert die Reizleitung, damit sich die Kammermuskulatur erst nach der Vorhofmuskulatur zusammenzieht. Über das His-Bündel gelangt die Erregung in die Kammerschenkel, die ein gleichzeitiges Zusammenziehen aller Kammermuskeln ermöglichen.
3. Herzklappen: Die Herzklappen sorgen dafür, dass das Blut nur in eine Richtung fließt. Sie öffnen und schließen sich je nach Druckdifferenz zwischen Vorhöfen, Herzkammern und großen Gefäßen.
4. Herzschlag: Bei einem gesunden Erwachsenen schlägt das Herz in Ruhe zwischen 60 und 80 Mal pro Minute. Es unterteilt sich in zwei Phasen: die Systole (Kontraktionsphase) und die Diastole (Ruhephase). Während der Systole zieht sich der Herzmuskel zusammen und pumpt das Blut in den Kreislauf. In der Diastole nimmt der Herzmuskel sauerstoffarmes Blut auf.
Ohne Herzschlag kann der Mensch nicht überleben. Glücklicherweise gibt es Back-up-Systeme, die die Steuerung des Herzens übernehmen können, wenn der Sinusknoten ausfällt oder die Reizweiterleitung gestört ist. Das Herz ist ein erstaunliches Organ, das uns am Leben hält!
Was passiert, wenn das Herz nicht richtig funktioniert? (für 5. Klasse)
Wenn das Herz nicht richtig funktioniert, spricht man von einer Herzinsuffizienz oder Herzschwäche.
Das Herz kann dann nicht mehr genug Blut durch den Körper pumpen, was zu verschiedenen Problemen führen kann z.B.:
1. Sauerstoff- und Nährstoffmangel: Die Organe bekommen nicht genug Sauerstoff und Nährstoffe, was ihre Funktion beeinträchtigen kann.
2. Flüssigkeitsansammlungen: Es kann zu einem Blutstau kommen, besonders in der Lunge oder im Bauchraum, was lebensbedrohlich sein kann.
3. Erschöpfung und Schwäche: Betroffene fühlen sich oft müde und weniger belastbar.
4. Atemprobleme: Durch Flüssigkeitsansammlungen in der Lunge kann es zu Atemnot kommen.
Wie viel Volt gehen durch einen Defibrillator?
Ein Defibrillator ist ein medizinisches Gerät mit dem man durch gezielte Stromstöße Herzrhythmusstörungen wie Kammerflimmern, Kammerflattern, ventrikuläre Tachykardien, Vorhofflimmern und Vorhofflattern beenden kann.
Externer Defibrillator (AED): Ein automatischer externer Defibrillator (AED) ist für die Erste Hilfe im Notfall gedacht und so konzipiert, dass auch Laien ihn problemlos anwenden können. Diese Geräte sind oft in öffentlichen Einrichtungen oder an viel besuchten Plätzen zu finden. Ein AED verfügt über Elektroden, die auf der Brust der betroffenen Person platziert werden. Über diese Elektroden werden Stromstöße abgegeben, um den gestörten Herzrhythmus zu normalisieren Die Stromimpulse von Defibrillatoren unterscheiden sich leicht von Hersteller zu Hersteller. Als Mittelwerte gelten: Spannungen zwischen 1.000 und 2.000 Volt (V), Anfangsströme von etwa 20 bis 30 Ampere (A), Energie von 150 bis 360 Joule (J) bei Erwachsenen.
Implantierbarer Cardioverter-Defibrillator (ICD): Ein ICD ist ein nur wenige Zentimeter großes Gerät, das operativ unterhalb des Schlüsselbeins im Körper eingesetzt wird. Es überwacht den Herzschlag und sendet bei Herzrhythmusstörungen elektrische Impulse über Elektroden an das Herz, um den normalen Rhythmus wiederherzustellen. Die genaue Stromstärke wird über die Elektroden abgegeben und ist entscheidend für die erfolgreiche Behandlung von Herzrhythmusstörungen.
Hirn
Wie kann man mit dem Gehirn denken? Wie funktioniert das Gehirn?
Das menschliche Gehirn ist womöglich das komplizierteste Organ, das die Natur je hervorgebracht hat: 100 Milliarden Nervenzellen und ein Vielfaches davon an Kontaktpunkten verleihen ihm Fähigkeiten, an die kein Supercomputer heranreicht.
Das Gehirn ist ungefähr so groß wie zwei geballte Fäuste und wiegt etwa 1,5 Kilogramm. Das Hirngewebe enthält etwa 100 Milliarden Nervenzellen und etwa eine Billion Stützzellen, die das Gewebe stabilisieren. Die Faltungen des Gehirns ermöglichen es, viele Nervenzellen auf relativ kleinem Raum unterzubringen. Die Bereiche des Gehirns unterteilt man in Großhirn, Kleinhirn, Hirnstamm und Zwischenhirn. Sie arbeiten zusammen, haben jedoch auch unterschiedliche Spezialisierungen, etwa Sehen, Riechen, Sprechen, Bewegung etc. Das Großhirn besteht aus einer rechten und einer linken Gehirnhälfte. Beide sind durch ein dickes Bündel aus Nervenfasern verbunden, dem Balken. Die rechte Gehirnhälfte steuert die linke Körperseite, die linke Hälfte ist für die rechte Seite zuständig.
Das Gehirn verarbeitet Sinneseindrücke und Informationen des Körpers und schickt Botschaften in alle Bereiche des Körpers zurück. Mit Erfahrungen, die als Wissen abgespeichert werden, werden neue, auch unbekannte Sinneseindrücke abgeglichen und bewertet, um möglichst passende Verhaltensreaktionen hervorzurufen. Gleich einer Karte, die einen durch geografische Räume navigiert, wird jegliche Information im Gehirn in räumlichen Mustern in Rasterzellen gespeichert – in einer Art Koordinatensystem der Gedanken.
Manche Denkprozesse laufen dabei bewusst, andere unbewusst ab. Einzelne Prozesse beim Denken bilden noch kein bewusstes Denken: Erst durch das Zusammenspiel verschiedener biologischer Prozesse entsteht ein bewusster Gedanke: Das Gehirn denkt nicht, die Person als Ganze denkt. Stabile kognitive Kontrolle ist dabei die Ausnahme: Die meisten Denkprozesse laufen unbewusst ab.
Auch noch im Alter wird das Gehirn laufend umgebaut: Es kann lebenslang lernen. Die Stärke, mit der Signale zwischen Nervenzellen übertragen werden, wird dabei laufend angepasst: Was nützlich ist und öfters durchgeführt wird, wird verstärkt, was nicht genutzt wird, abgeschwächt und vergessen.
Wie ist das Gehirn entstanden?
Ursprüngliche und einfache tierische Organismen, wie Quallen, haben kein Gehirn. Sie verfügen über jedoch über einfache Nervennetze, die die Körper durchziehen. Das menschliche Gehirn in all seiner Komplexität basiert letztlich auf diesen elektrisch und chemisch erregbaren Nervenzellen (Neuronen). Komplexere Lebewesen besitzen zusätzlich eine Instanz, die Informationen aus unterschiedlichen Körperregionen zusammenführt und eine Reaktion steuert: das Gehirn.
Dies findet sich etwa bei Würmern: Tieren, die nicht kreisförmig, wie Quallen, sondern längs ausgerichtet sind, bei denen es also ein Vorne und ein Hinten gibt. Vorne verdichten sich die Neurone zu einem Steuerungszentrum: dem Gehirn.
Die Anzahl der darin vorhandenen Neurone und damit die Verknüpfungsmöglichkeiten bestimmen die Leistungsfähigkeit des Gehirns und damit die Komplexität des Verhaltens. Die gefaltete Struktur des Gehirns erlaubt es, möglichst viele Nerven unterzubringen.
Das menschliche Gehirnvolumen hat sich in Laufe der Evolution drastisch vergrößert – im Vergleich zu unseren Vorfahren vor etwa vier Millionen Jahren, den Australopithecinen, den ersten aufrecht gehenden Vormenschen, hat es sich verdreifacht. Einen besonderen Größenzuwachs erfuhr es seit den frühen Hominiden, seit etwa zwei Millionen Jahren. Ein Großteil des Gehirnwachstums findet nach der Geburt statt. Dadurch ist das Gehirn wesentlich dynamischer und kann auf Umweltveränderungen besser reagieren. Einen weiteren Entwicklungssprung erfuhr das Gehirn mit Auftreten der Gattung Home sapiens sapiens, etwa 100.000 Jahren: Das Gehirn veränderte sich von länglich hin zur heutigen runden Schädelform, vermutlich einhergehend mit dem Weiterentwickeln komplexer Denkprozesse.
Kann man mit einem optischen Cochleaimplantat auch dann hören, wenn der Hörnerv geschädigt ist und nicht mehr funktioniert oder wird er noch so benötigt wie bei einem „normalen“ Implantat?
Sowohl für das „normale“, also das elektrisch stimulierte Cochlea-Implantat, als auch für das „neue“, das optisch stimulierte Cochlea-Implantat, wird ein funktionsfähiger Hörnerv benötigt. In Fällen, in denen der Hörnerv funktionsunfähig ist, gibt es Mittelhirn- und Hirnstamm-Implantate (Auditory Brainstem Implant, ABI), die unter Umgehung des geschädigten Hörnervs einen Höreindruck im Gehirn erzeugen sollen. Der erzielte Höreindruck reicht allerdings nicht an den der häufiger angewandten Cochlea-Implantate heran.
Techniken und Methoden
Wie groß ist die Dicke des light sheets und welche Vol.auflösung ist erreichbar?
Die Lichtblattdicke kann im Flamingo eingestellt werden und an die Probengröße angepasst werden. Das Ziel ist immer, ein möglichst homogenes Lichtblatt über die gesamte Probe zu haben. Dabei ist bei großen Proben (einige Millimeter) das Lichtblatt etwa 5–20µm dick. Die Lichtblattdicke bestimmt dann auch die axiale Auflösung des Mikroskops. Die laterale Auflösung beträgt typischerweise je nach Vergrößerung ca. 0,25–3µm. Durch das Drehen der Probe und die Kombination von mehreren Ansichten im Computer kann die axiale Auflösung verbessert werden, um nahezu isotrope Auflösung zu erreichen. Bei besonders großen, transparenten Proben kann ein dünnes Lichtblatt auch schnell hin und her bewegt werden um so direkt isotrope Auflösung von ca. 0,7µm zu erreichen.
Welcher Virus wird im Rahmen der Therapie mit dem lichtleitenden Cochleaimplantat injiziert?
Ein optisches Cochlea-Implantat wird, im Gegensatz zum elektrischen Cochlea-Implantat, das elektrisch aktiviert wird, durch Licht angeregt, da die Nervenzellen des Hörnervs hiermit wesentlich gezielter angeregt werden und so das Hörergebnis verbessert werden kann. Die Schallinformation wird hierbei nicht elektrisch, sondern durch Licht übertragen. Da Hörsinneszellen lichtunempfindlich sind, müssen diese erst mit einem entsprechenden Sensor ausgestattet werden, also lichtempfindlich gemacht werden. Dazu dienen ursprünglich aus Algen gewonnene, lichtempfindliche Ionenkanäle, sogenannte Rhodopsine. Der genetische Bauplan dieser Proteine wird mittels Gentherapie in die Nervenzellen des Hörnervs eingebracht. Dazu wird ein adenoassoziierter Virus (AAV) als Vektor, also als Träger, benutzt. Die Viren werden als „Shuttle“ in den Körper injiziert, also gespritzt, die Rhodopsine quasi „im Gepäck“. Durch Lichteinstrahlung werden diese dann angeregt und ermöglichen so eine Reizweiterleitung der entsprechenden Nervenzellen.
Diese Methode, mithilfe genetisch fremder, lichtsensitiver Proteine Zellen gezielt anzuregen oder zu unterdrücken, wird Optogenetik genannt.
AAV-basierte Therapeutika werden in zahlreichen optogenetischen und anderen gentherapeutischen klinischen Anwendungen genutzt, um spezifische Gene in den erkrankten Körper zu bringen. AAVs vermehren sich im menschlichen Körper nicht selbständig und eigenen sich daher als Träger für Gentherapeutika.
Tierversuche
Warum gibt es Tierversuche? Stell dir vor, dein Leben und/oder deine Gesundheit wird für einen “Versuch” geopfert! Das würde dir ja auch nicht gefallen! WARUM macht man das dann?
Vor einem Tierversuch erfolgt immer eine intensive Prüfung, ob der Tierversuch tatsächlich durchgeführt werden muss. Hierzu muss unter anderem dargelegt werden, dass die wissenschaftliche Fragestellung, welche beantwortet werden soll, mit keiner anderen tierversuchsfreien Methode erreicht werden kann. Leider sind wir heute, trotz intensiver Bemühungen, noch nicht in der Lage, alle Fragestellungen ohne Tierversuche zu beantworten. Insbesondere bei komplexen Fragestellungen, die zum Beispiel das Abwehrsystem oder das Nervensystem betreffen, können Computermodelle oder zellbasierte Systeme noch keine aussagekräftige Informationen liefern. Ohne Tierversuche könnten wir zum Beispiel neue Medikamente (z.B.: Covid19-Impfstoff) nicht entwickeln.
Vor Beginn eines jeden Tierversuchs erfolgt eine intensive Prüfung und ethische Abwägung, an welcher auch Tierschützer*innen und Ethiker*innen beteiligt sind. Hier wird abgewogen, ob der erwartete Erkenntnisgewinn die potenziellen Schmerzen, Leiden oder Schäden, welche den Tieren zugefügt werden sollen, rechtfertigt. An den Stellen, an denen Fragstellungen noch nicht ohne Tiere beantwortet werden können, ergibt sich das ethische Dilemma: Kein wissenschaftlicher Fortschritt (z.B.: keine neuen Medikamente z.B.: gegen Krebs oder Alzheimer) vs. keine Tierversuche. Eine direkte Testung an Menschen von neuen Behandlungsmethoden, die noch nicht in anderen lebenden Organismen getestet wurden, wäre verantwortungslos, gefährlich und nicht zu rechtfertigen. Aus diesem Grund stecken wir viel Energie in die Weiterentwicklung von sogenannten Alternativmethoden, damit Tierversuche nicht mehr notwendig sind. Leider haben wir heute diesen Punkt noch nicht erreicht.
Weitere Informationen zu Tierversuchen: https://www.tierversuche-verstehen.de/
Wie kommt es zustande, dass 29% der angesetzten Versuchstiere getötet werden, das aber nicht als Tierversuch zählt? Werden nicht auch Wildtyp-Tiere z.B. mit NaCl-Lösung behandelt, wenn z.B. Messwerte angeschaut werden sollen?
Laut Deutschem Tierschutzgesetz werden die Tiere, die in genehmigungspflichtigen Tierversuchen im Einsatz waren, als Versuchstiere gezählt. Dazu gehören alle Tiere, bei denen es im Laufe ihres Lebens zu Schäden, Leiden oder Schmerzen kommen könnte. Dies umfasst dementsprechend sowohl genetisch belastete Tiere, als auch Tiere, an denen Eingriffe vorgenommen wurden. Das Töten zur Organentnahme genetisch unbelastete Tiere, an denen keine Eingriffe vorgenommen wurden, wird nicht als „Tierversuch“ im zuvor definierten Sinne gewertet. Eben da diese Tiere im Laufe ihres Lebens keinen „Schmerzen, Leiden oder Schäden“ ausgesetzt werden. Diese Tiere tauchen in der Statistik folglich nicht als „Versuchstiere“ auf, sondern als Tiere, die für „wissenschaftliche Zwecke“ getötet wurden. Durch die Verwendung dieser Tiere können Experimente an isolierten Organen oder Geweben durchgeführt werden. Dadurch tragen diese 29% natürlich auch dazu bei, dass wissenschaftliche Fragestellungen beantwortet werden, weshalb wir sie in der Grafik genannt haben, sie zählen aber vom rechtlichen Begriff her nicht als „Versuchstier“.
Jeder Eingriff zu wissenschaftlichen Zwecken, der potentiell mit Schmerzen, Leiden oder Schäden für Tiere verbunden ist, ist ein genehmigungspflichtiger Tierversuch. Aus diesem Grund ist auch eine Injektion einer NaCl-Lösung (z.B. als Injektion zur Kontrolle einer Versuchsreihe) genehmigungspflichtig und darf erst dann durchgeführt werden, wenn die zuständige Behöre diesem Vorhaben zugestimmt hat. Diese Tiere werden als Versuchstiere gezählt.
Wird ein Tier, das unabhängig von einem Versuch spontan erkrankt, mit NaCl-Lösung behandelt (z.B. als Flüssigkeitszufuhr um Dehydrierung zu vermindern), dann ist dies eine tierärztliche Behandlung und kein Tierversuch, weil er nicht zu „wissenschaftlichen Zwecken“ erfolgt.
Warum werden keine Alternativen zu Tierversuchen eingesetzt, um etwa die Gehirnaktivität oder Entwicklung zu erforschen?
Wo Tierversuche reduziert oder gar vermieden werden können, wird dies getan. Alternativen werden eingesetzt, soweit dies möglich ist. So werden z.B. Organoide, also „Organersatz“ erstellt, um an diesen Forschungen durchzuführen, die dann nicht an Tieren durchgeführt werden müssen. Allerdings sind diese Organoide den echten Organen nur möglichst ähnlich, niemals gleich. Dies rührt daher, dass ein Körper und seine Bestandteile sehr komplex sind und nicht in vitro, d.h. im Reagenzglas im Labor, hergestellt werden können. Daher ist es, wenn man das Gehirn erforschen möchte, am aussagekräftigsten, wenn man dies auch wirklich an einem echten Gehirn tut. Es ist ansonsten nicht auszuschließen, dass man etwas übersieht, das im Organoid nicht vorkommt, im echten Organ aber schon. Wenn neue Medikamente für Menschen zugelassen werden, müssen sie daher auch zuerst an einem ganzen, echten Organismus, zuerst am Tier, dann am Menschen, getestet werden. Erst dadurch können eventuelle Wechselwirkungen, Nebenwirkungen oder potenzielle Schädlichkeiten der Medikamente entdeckt werden. Das ist zu diesem Zeitpunkt leider noch nicht vollständig ersetzbar.